Schafwolle zu Kleidung zu verarbeiten hat eine lange Tradition: Seit mehr als 10.000 Jahren verarbeitet der Mensch das Haar der Schafe zu Kleidung. Während der Rohstoff früher als besonders wertvoll galt und nur wenige sich diesen Luxus leisten konnten, schätzt auch die moderne Gesellschaft die vielen positiven Eigenschaften der Wolle:
Diese Eigenschaften in Kombination sind nahezu einzigartig in der Welt der Fasern - selbst vom Menschen konstruierte Fasern weisen nicht eine solche Vielzahl an Vorteilen gleichzeitig auf. Umso bedauerlicher ist es, dass diese Eigenschaften durch die moderne Verarbeitung häufig verloren gehen. Die Behandlung mit Chemikalien oder die Beimischung synthetischer Fasern soll Wolle andere Eigenschaften verschaffen oder sie günstiger machen. Meist werden die natürlichen Vorzüge dadurch reduziert. Während Wolle häufig in Form von Strickwaren vorkommt, kann sie, wie die meisten Fasern, sowohl als Strick-, als auch als Webware verarbeitet werden. Wolle ist ein Universal Talent: Außer als Kleidung wird Wolle auch für Bettwäsche, Outdoor-Produkte, Einrichtungsgegenstände, wie etwa Teppiche, oder im Hausbau zur Dämmung verwendet.
Wolle ist ein sehr langlebiges und robustes Naturmaterial, und besteht aus Keratin, genau wie das menschliche Haar. Daher kann sie auch leicht verfilzen oder bei zu hohen Temperaturen einlaufen. Generell sollte man Wolle immer gesondert bei unter 30°C waschen. Am besten eignen sich spezielle Wollwaschmittel um das Verfilzen zu vermeiden. Prinzipiell sollte man Wolle aber durch zu häufiges Waschen nicht unnötig strapazieren, denn das Besondere an Wolle sind ja gerade ihr selbstreinigenden Fähigkeiten. Einfaches auslüften ist oft schon genug und auch Flecken können abgetupft werden. Wenn sich kleine Knötchen bilden, können diese mit eine Wollkamm abgestrichen werden. Lavendelsäckchen im Kleiderschrank schützen außerdem vor Motten.
Grundlegend gilt natürlich immer, dass zur Herstellung von Textilien erhebliche Mengen an Rohstoffen, Wasser und Energie benötigt werden. Durch Beachtung der eingearbeiteten Pflegehinweise können Textilien geschont werden und länger leben. Wohl überlegtes, selteneres Waschen auf niedrigeren Temperaturen schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt.
Das Material Wolle wird immer aus dem Fell von Schafen oder Lämmern gewonnen. Verschiedene Schafrassen haben Felle mit unterschiedlichen Eigenschaften. Merinowolle von den Merinoschafen etwa, ist eine besonders feine Qualität und wird oft als Unterwäsche oder Sportkleidung verarbeitet. Die Wolle von europäischen und deutschen Schafen hat eine gröbere Struktur und wird eher für Jacken, Decken und Bettwaren verwendet. Es gibt aber auch Qualitätsunterschiede je nach Körperregion des Tieres und der Gewinnungsmethode von Wolle:
Reine Schurwolle wird von lebenden Schafen gewonnen. Mindestens ein Mal jährlich werden diese Schafe geschoren - meist im Frühsommer. Schurwolle ist von der Faser-Qualität definitiv die hochwertigste Wolle.
Als Lambswool wird das Fell von erstmals geschorenen Jungtieren bezeichnet. Die Lämmer müssen jünger als ein halbes Jahr sein. Lambswool ist sehr fein und außergewöhnlich weich.
Sterblingswolle wird von kranken oder natürlich verendeten Schafen gewonnen. Bedingt durch Krankheit, Alter oder außersaisonaler Schur, gilt diese Wolle als minderwertiger und wird stets mit anderen Woll-Kategorien gemischt um diese zu strecken. Sterblingswolle muss auf Etiketten nicht separat ausgewiesen werden.
Reißwolle wird auf Etiketten meist einfach als Wolle gekennzeichnet. Wie der Name beschreibt ist Reißwolle aufgerissene und wieder aufbereitete Wolle. Meist aus Produktionsabfällen und getragenen Kleidungsstücken gewonnen, ist Sie durch den Herstellungsprozess beschädigt und von minderer Qualität. Sie gilt allerdings als nachhaltiger, da hierfür Ressourcen aufgebraucht statt verschwendet werden. Sie ist auch unter dem Namen recycelte Wolle bekannt.
Wolle hat ein besonders nachhaltiges und grünes Image. Die Meisten stellen sich wohl friedlich grasende Schafe auf der idyllisch grünen Weide vor, die einmal jährlich geschoren werden. Diese Bedingungen haben sich in der konventionellen Wollherstellung leider stark verändert.
Wolle war lange ein kostbarer Rohstoff, den sich nur vermögende Menschen leisten konnten. Heutzutage wird in großem Stil importiert, vor allem aus Neuseeland und Australien. Weltweit produzieren mehr als eine Milliarde Schafe mehr als eine Million Kilogramm Wolle pro Jahr.
Wir sprechen hier also nicht mehr von beschaulichen Kleinbauern und glücklichen Herden, sondern von extensiver Schafzucht, die den globalen Bedarf zu decken versucht. Leider mit katastrophalen Folgen für Umwelt und Tierwohl.
Schafe gehören auf die grüne Wiese! Weidehaltung ist artgerecht und bringt viele Vorteile für das Ökosystem mit sich. Exzessiv betrieben ist Weidehaltung leider nicht praktizierbar, denn wenn das Land zu stark beweidet wird, führt dies zur sogenannten “Überweidung”. Das bedeutet, dass die Vegetation nicht genügend Zeit zur Regeneration hat, bevor sie erneut abgegrast wird. Dadurch wird der Boden schwach und anfällig für Erosion oder gar Wüstenbildung. In Patagonien sind beispielsweise 30% der Landesfläche durch Wüstenbildung bedroht, was hauptsächlich durch die Haltung von Wollschafen geschuldet ist.
Das mag harmlos klingen, aber Wüstenbildung ist eines der größeren Umweltprobleme. Rund ein Drittel der Landoberfläche unseres Planeten sind bereits Wüstengebiete - und jedes Jahr kommt ein Gebiet von der Größe Bayerns hinzu. Diese neuen Wüstengebiete entstehen nicht natürlich, sondern durch menschliches Handeln und so bezeichnet man sie auch als "man made desserts". Betroffene Regionen sind nicht mehr fähig sich zu regenerieren, was das globale Ökosystem gefährdet. Durch den gestörten Wasserhaushalt geht die Fruchtbarkeit des Bodens dauerhaft verloren, die Vegetation verschwindet und heimische Tiere verlieren ihren Lebensraum. Die Haltung von Weidevieh ist nicht der einzige Faktor, der zu Wüstenbildung führt, aber eben doch ein entscheidender.
Zudem setzen Schafe, genau wie Kühe, Methan frei. Dieses Gas ist für die globale Erwärmung 25-mal schädlicher als CO2. Beide Tierarten tragen somit einen wesentlichen Teil zur Klimaerwärmung bei, vor allem wenn man beachtet, dass in Neuseeland sechsmal so viele Schafe wie Menschen leben. Selbst wenn Neuseeland nur für einen Bruchteil der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, ist der Pro-Kopf CO2-Fußabdruck des Landes dank der Schafe doch überdurchschnittlich. Neuseeland testet zwar eine umstrittene, genetische Lösung, um den Methanausstoß bei den Tieren zu verringern, doch die Nutztierhaltung ist momentan für ganze 15% der globalen Erderwärmung verantwortlich.
Zudem wird Wolle in der industriellen Verarbeitung häufig mit Chemikalien behandelt, um Eigenschaften synthetischer Materialien zuzufügen. So werden beispielsweise Gifte, die vorbeugend gegen Motten wirken sollen, in das Material eingearbeitet. Um die Naturfasern pflegeleichter zu machen, werden sie mit Kunstharzen überzogen. Das verhindert wiederum die außergewöhnlichen natürliche Eigenschaften der Wolle, wie ihre Selbstreinigungsfähigkeit.
Auch Schafe selbst werden oft durch Permithin-Bäder getrieben. Diese Chemikalie tötet Insekten und deren Larven, gilt aber als krebserregend. Die Bauern sind den gefährliche Substanzen ausgesetzt und werden meist nicht auf angemessene Gifstoffentsorgung überprüft. Diese Chemikalien und Gifte gelangen über die Weiden in den Boden, ins Grundwasser und so in die menschliche Nahrungskette. Rückstände dieser schädlichen Chemikalien können auch in der Wolle selbst verbleiben und durch Kleidung direkt in den menschliche Organismus gelangen. Vor allem Permithrin lässt sich in erheblichen Mengen in australischer und Neuseeländischer Wolle nachweisen.
Eine weitere Sorge bei der Wollproduktion ist die schlechte Behandlung von Schafen. Die meisten Farmen der Wollproduktion bieten keineswegs idyllische Zustände. Meist leben die Schafe in zu großen Herden, haben zu wenig Platz, nicht ausreichend Nahrung und Wasser. Wie erwähnt, werden die Schafe auch oft mit Chemikalien behandelt oder durch Insektizid-Bäder gescheucht. Da Schafe Beute-Tiere sind, verfallen sie evolutionär bedingt, in panische Angst, wenn man sie jagt oder fixiert.
Auch zur jährlichen Schur müssen die Tiere meist fixiert werden. Daher ist es gängige Praxis den Tieren zuvor einige Tage Essen und Wasser zu entziehen, um sie zu schwächen. Immer wieder werden tierquälerische Praktiken in der Schafschur aufgedeckt. Die Schafe werden während der Schur geschlagen, getreten und verstümmelt. Die meisten Tiere haben Schnittwunden am ganzen Körper. In einem verdeckten Video von PETA auf Schaffarmen in Australien und den USA wird gezeigt, dass sobald die Schafe in Panik geraten und sich zur Wehr setzen, auf sie eingeprügelt wird. Nicht selten bis zu deren Tod, während die restliche Herde Schlange steht und zusehen muss. So ist nicht erstaunlich, dass circa 70% australischer Schafe weit vor ihrem natürlichen Ableben stressbedingt sterben.
Ursache für dieses grausame Verfahren ist laut Peta, dass die Arbeiter nicht pro Stunde, sondern pro geschorenem Schaf bezahlt werden. Umso schneller ein Arbeiter schert, desto höher sein Lohn. Im Jahr 2014 erreichte Peta mit schockierende Aufnahmen aus Schurbetrieben zwar mehrere Verurteilungen wegen Tierquälerei, doch diese Praktiken sind weiterhin allgegenwärtig.
Eine stark kritisierte und doch weitverbreitete Methode ist das sogenannte Mulesing. Um Mulesing zu verstehen, muss man vorerst folgendes wissen: Der Mensch hat Merino Schafe seit Jahrhunderten so gezüchtet, dass sie mehr Hautfalten bilden und dementsprechend mehr Hautfläche mit Wolle bedeckt ist. Wenn diese faltenreichen, mit mehr Wolle bepackten Schafe nun koten, bleiben mehr Ausscheidungen in den Afterfalten hängen. Das würde die Wolle verschmutzen und den über Jahrhunderte gezüchteten Profit verringern. Als Lösung werden jungen Merinolämmern ohne Betäubung große Haut- und Fleischstücke im Bereich der Schenkel und des Schwanzes abgeschnitten.
International wird das Mulesing als inhuman und unnötig beurteilt, in Deutschland ist es ganz verboten. In Australien und Neuseeland ist es immer noch gängige Praxis, obwohl bereits ein Verbot im Gespräch war. Dieses scheiterte jedoch an dem Einfluss der Wollfarmer, die das Mulesing als zu gewinnbringend beurteilen, als dass man es abschaffen könnte.
Wolle ist ein einzigartiger, nachwachsender und biologisch abbaubarer Rohstoff. Anders als Kunstfasern wie Polyester verliert Wolle keine winzigen Plastikpartikel beim Waschen. Sie reguliert den Wärmehaushalt des Menschen besser als jede synthetische Kleidung. Zudem haben Wollprodukte bei richtiger Pflege eine lange Lebenszeit. Außerdem spart man durch Wollwäsche Energie, da Wolle bei geringerer Temperatur gewaschen werden muss.
Wenn man aber all diese natürlichen Vorteile nutzen möchte, muss man auf unbehandelte, biologische Wolle umsteigen, auf Siegel achten und die Kleidungsstücke richtig pflegen.
Biologische Tierhaltung hat viele Vorteile. Gemäß den Richtlinien für ökologischen Landbau wird hier artgerechte Tierhaltung garantiert. Zudem sind ausreichend große Weideflächen und natürliche Fortpflanzung vorgeschrieben, während keine Pestizide eingesetzt werden dürfen. Das kontroverse Mulesing ist natürlich untersagt und auch für Tiertransporte werden schonendere Maßnahmen getroffen. Da Begriffe wie „Bio“, „Öko“ und „Natur“ in der Kleidungsindustrie nicht geschützt sind, sollte man sich hier immer eher auf anerkannte Siegel verlassen. Klicke hier um mehr über die vielen positiven Eigenschaften zertifiziert biologischen Wolle zu lesen.
Es gibt viele Siegel und Zertifikate in der Mode und Textilbranche. Nicht alle sind vertrauensvoll - zum Thema Wolle sind die folgenden unsere Favoriten:
Die Abkürzung KbT steht für kontrolliert biologische Tierhaltung und schreibt alle oben aufgeführten Richtlinien des ökologischen Landbaus vor. Neben artgerechter Haltung, großen Weideflächen, natürlicher Fortpflanzung, Verbot von Pestiziden und schonenderen Tiertransporten ist auch Mulesing verboten.
Das Siegel Naturtextil IVN Best bietet besonders hohe Absicherung, da alle Schritte der Kleidungsproduktion mit einbezogen sind. Vom Stall bis zum Verkauf steht hinter diesem Siegel eine faire und ökologische Kette. KbT ist ein verpflichtender Bestandteil dieser Kette.
Immer noch selten aber doch schon häufiger findet man den GOTS (Global Organic Textile Standard) auch für Wolle. Hier sind die Regeln in Bezug auf Tierwohl etwas weniger streng, denn nur mindestens 70% des Faseranteils müssen aus kbT stammen. Allerdings achtet GOTS entlang der gesamten textilen Kette auf faire Arbeitsbedingungen und Umweltverträglichkeit.
Sonst gibt es den RWS (Responsible Wool Standard) - dieser bezieht sich rein auf die Tierhaltung und untersagt beispielsweise Mulesing. Über die Verwendung von Chemikalien, Arbeitsbedingungen oder die restlichen Verarbeitungsschritte des Textils gibt diese Siegel allerdings keinen Aufschluss.
Für den konventionellen Wollanbau muss ein hoher Preis gezahlt werden, auch wenn es das Endprodukt leider meist nicht widerspiegelt. Die Menschheit bezahlt mit ökologischen und gesundheitlichen Gefahren, während die Tiere offenkundig leiden. Die biologische Wollschafzucht bietet nicht nur eine starke Alternative zu Tierquälerei, unnachhaltiger Weidenutzung und Verschmutzung durch Chemikalien - sie schafft aktiv Werte und Zukunft.
Wichtig ist trotzdem: Auch Bio-Wolle beeinflusst die Umwelt enorm und daher ist eine ethische Produktion mit fairen Konditionen für alle Beteiligten nur ein Teil der Geschichte. Jedes Teil, das wir produzieren, ist durch die Hände vieler Menschen gegangen und berührt die Leben vieler Lebewesen auf der ganzen Welt. Du, als Teil der Wertschöpfungskette, kannst etwas ändern, indem du die Geschichte hinter jedem Kleidungsstück schätzt. Die richtige Pflege verlängert den Lebenszyklus eines Stückes und verringert so auch den immensen ökologischen Fußabdruck.