Biologische Wolle

 

Wolle oder Bio-Wolle - macht das wirklich einen Unterschied?

Ob der dicke Wollpullover von Oma oder die Funktionssocken - Wolle ist aus unseren Kleiderschränken nicht wegzudenken. Schon seit mehr als 10.000 Jahren vertraut der Mensch bei kalten Temperaturen auf diese vielseitige Naturfaser. Keine künstliche hergestellte Faser hat so viele bemerkenswerte Eigenschaften in Kombination, darunter natürliche Thermoisolation, die Neutralisierung von Körpergerüchen oder  selbstreinigende und schmutzabweisende Fähigkeiten.

Die Wolle als Naturfaser hat ein grünes Image. Man denkt an glückliche Schafe auf der grünen Weide und eine nachhaltige Naturfaser, die die Umwelt nicht verschmutzt. Tatsächlich ist herkömmliche Wolle aber bei weitem nicht so umwelt- oder tierfreundlich, wie man erwarten würden. 

Heutzutage produzieren weltweit mehr als eine Milliarde Schafe mehr als eine Million Kilogramm Wolle pro Jahr. Beschauliche Kleinbauern und glücklichen Herden gibt es so gut wie gar nicht mehr. Denn um den globalen Woll-Hunger zu decken, benötigt man heute extensiver Schafzucht - leider mit katastrophalen Folgen für Umwelt und Tierwohl.


Was ist das Problem mit konventioneller Wolle?

Ein großes Problem ist beispielsweise die exzessiver Weidehaltung. Zu große Herden werden in zu kleinen Gebieten gehalten und  die Vegetation hat nicht genügend Zeit sich zu erholen. Wo eigentlich grüne Wiesen sein sollten, entstehen Wüsten. Und zwar jedes Jahr neue - nicht auf natürliche Weise, sondern durch  menschliches Handeln. In diesen Gebieten geht die Fruchtbarkeit des Bodens unwiederbringlich verloren, die Vegetation verschwindet und heimische Tiere verlieren ihren Lebensraum. 

Ein anderes Problem ist, dass Schafe, genau wie Kühe, Methan freisetzen. Dieses Gas ist für die globale Erwärmung 25-mal schädlicher als CO2. Beide Tierarten tragen somit einen wesentlichen Teil zur Klimaerwärmung bei - momentan ist allein die Nutztierhaltung für ganze 15% der globalen Erderwärmung verantwortlich.

Zudem wird Wolle in der industriellen Verarbeitung häufig mit Chemikalien behandelt, um es beispielsweise Schädlingsresistent zu machen. Auch lebende Schafe werden oft durch Chemikalien-Bäder getrieben, die offiziell als krebserregend gelten. Bauern und Schafe sind den gefährliche Substanzen ausgesetzt und die Chemikalien gelangen in den Boden, ins Grundwasser und in die menschliche Nahrungskette. Rückstände dieser schädlichen Chemikalien können auch in der Wolle selbst verbleiben und durch Kleidung direkt in den menschliche Organismus gelangen.

Zusammengefasst verursacht Wolle Wüstenbildung, trägt erheblich zur Erderwärmung bei und ist, sowohl für Mensch, als auch Natur, schädlich durch den hohen Pestizid und Gifteinsatz - den Umgang mit den Tieren haben wir hier noch nicht einmal diskutiert. Wenn du genauere Informationen zu diesen Umweltproblemen haben möchtest, sieh dir unseren Artikel über konventionelle Wolle an.

 


(Foto via Lebenskleidung) So sehen glückliche Schafe aus - die Schafe von Elbwolle haben ein gutes Leben nach den Standards der biologischen Tierhaltung.

Was macht Bio-Wolle anders?

Bio-Landwirte setzen von Anfang an auf artgerechte Haltung statt auf Höchsterträge. Das bedeutet, die Herden sind kleiner und die Weideplätze größer - die Natur hat Zeit sich zu regenerieren und auch die Schafe haben mehr Platz. Der Einsatz von Chemikalien ist verboten, meist aber auch nicht notwendig, denn unter besonders hohem Parasitenbefall leiden Tiere nur bei Massentierhaltung. 

Der wohl wichtigste Faktor bei der kontrolliert biologische Tierhaltung (kbT) ist dazu das Tierwohl. KbT bedeutet, dass die Richtlinien der biologischen Tierhaltung eingehalten werden. Schafe dürfen beispielsweise nicht auf chemisch gedüngten Weiden grasen und es steht ausreichend Freilauf zur Verfügung. Bio-Schafe dürfen Ihre Hörner und Schwänze behalten und werden einzeln geschoren, was für die Tiere erheblich stressfreier ist. Die Tiere werden nicht vorsorglich mit Antibiotika vollgepumpt, gequält, verstümmelt, vernachlässigt, überzüchtet oder bei der Schur verletzt. All das ist nämlich bei konventioneller Wolle keine Seltenheit, sondern die Regel. 

Konventionelle Wolle ist auf Erträge ausgerichtet: Die Tiere müssen schnellst möglich so viel Wolle wie machbar produzieren und dabei immer billiger in der Haltung sein als die Konkurrenz. Den Tieren wird bei vollem Bewusstsein der Afterbereich und der Schwanz abgeschnitten (Mulesing) um die durch Menschen gezüchteten Hautfalten frei von Parasiten zu halten. Bei der Schur werden die Schafe festgebunden, geschoren ohne Rücksicht auf schmerzhafte Fleischwunden und bei wehrhaftem verhalten häufig zutode geprügelt. Circa 70% australischer Schafe sterben weit vor ihrem natürlichen Ableben stressbedingt. Das ist nur ein kleiner Auszug der grausamen gängigen Praktiken, mehr Informationen über den Umgang mit den Tieren kannst du in unseren Artikel über konventionelle Wolle lesen.



(Foto via Shutterstock von Naruedom Yaempongsa) KbT Schafe werden seltener und tierschonender geschoren - der Stress wird für die Tiere weitestmöglich reduziert.


Kurzum: Während bei kbT alles getan wird um die Schafe gesund zu halten und ihnen ein schönes, langes Leben zu ermöglichen, nimmt der konventionelle Anbau keine Rücksicht auf Verluste zu Lasten der Umwelt und der Tiere.


Ist Bio-Wolle also eine gute Alternative?

Wolle ist eine tolle Sache! Wie erwähnt gibt es keine andere so vielseitige Faser: Sie ist angenehm zu tragen, wächst natürlich, lässt sich gut verarbeiten, wirkt thermoregulierend und stößt Wasser ab. Im Gegensatz zu Kunstfasern, die aus Erdöl hergestellt und nach Verbrauch als Mikroplastik in unseren Meeren landen, verrottet Wolle ohne Rückstände. 

Aber bei der Produktion dürfen wir nie aufhören, den Prozess mit all seinen Stationen zu hinterfragen. Bio-Wolle ist definitiv eine gute Alternative, wenn man auch in Zukunft mit gutem gewissen durch Naturfasern gewärmt werden möchte. Wolle trägt sich doch viel besser, wenn man weiß, dass kein Lebewesen gelitten hat und Rücksicht auf unsere Erde genommen wurde. 

Trotzdem ist es utopisch zu denken, wir könnten unseren weltweiten Woll-Hunger komplett mit Bio-Wolle stillen. Der Vorteil an Wolle ist die Langlebigkeit - pflegt man seinen Wollpullover richtig, kann er einen das ganze Leben lang begleiten. Wie bei allen tierischen Produkten ist auch bei Wolle die Menge in der wir sie verbrauchen der entscheidende Punkt.


Wie erkenne ich Bio-Wolle?

Begriffe wie „Bio“ oder „Öko“ sind für Textilien nicht geschützt - ohne Nachweis können das also leere Worte sein. Das Prädikat „kontrolliert biologische Tierhaltung“ (kbT) darf dagegen nur dann vergeben werden, wenn die Richtlinien der biologischen Tierhaltung eingehalten werden. Neben artgerechter Haltung, großen Weideflächen, natürlicher Fortpflanzung, Verbot von Pestiziden und schonenderen Tiertransporten ist auch Mulesing verboten. 

 

Zusätzliche Sicherheit geben Siegel oder Zertifikate, die für ökologische Wolle allerdings sehr selten sind. Die wichtigsten drei haben wir für euch hier dargestellt.

Das umfassendste Siegel für Naturtextilien ist IVN BEST, denn es betrachtet alle Schritte der Kleiderproduktion, schreibt kbT vor und achtet auch auf menschenwürdige und umweltfreundliche Produktion. Wegen diesen ganzheitlichen Anforderungen an die gesamte Kette, findet dieses Siegel leider kaum Verwendung.

Immer noch selten aber doch schon häufiger findet man den GOTS (Global Organic Textile Standard)   auch für Wolle. Hier sind die Regeln in Bezug auf Tierwohl etwas weniger streng, denn nur mindestens 70% des Faseranteils müssen aus kbT stammen. Allerdings achtet GOTS entlang der gesamten textilen Kette auf faire Arbeitsbedingungen und Umweltverträglichkeit.

Sonst gibt es den RWS (Responsible Wool Standard) - dieser bezieht sich rein auf die Tierhaltung und untersagt beispielsweise Mulesing. Über die Verwendung von Chemikalien, Arbeitsbedingungen oder die restlichen Verarbeitungsschritte des Textils gibt diese Siegel allerdings keinen Aufschluss.

Problematisch an diesen Siegeln ist nur, dass sie sich für kleine Schäfer häufig nicht lohnen. Denn obwohl diese alle Anforderungen entsprechen würden, sind die Zertifikate teuer und mit bürokratischen Aufwand verbunden, der sich für geringe Mengen kaum bezahlt macht. Im Gegensatz, denn der Wettbewerb wird eher erschwert, wenn die Wolle durch zusätzliche Gebühren auf geringere Mengen noch teurer wird. Trotzalledem muss natürlich auch bei nicht-zertifizierter Wolle ein gewisser Standard sichergestellt werden. So lohnt es sich also bei dem jeweiligen Unternehmen nachzulesen oder zu fragen, wo und unter welchen Bedingungen die Schafe gehalten wurden. Bei Produkten von Merino-Schafen sollte man als Verbraucher zudem immer auf das Prädikat “Mulesing-Free” achten, was wenigstens diese eine qualvolle Praktik vermeidet.

Vorsicht ist geboten, wenn Anbieter kein Zertifikat oder die genaue Herkunft nachweisen können, eigene Zertifikate vergeben oder schwammige Formulierungen wie “grün” oder “natürlich” verwenden. Greenwashing ist ein großes Problem in dieser Industrie und der Verbraucher kann schnell in die Irre geführt werden.

Für mehr Informationen rund um das Thema Textil-Siegel sieh dir unseren Journal-Eintrag dazu an.


Wie pflege ich Bio-Wolle richtig?

Wolle ist ein sehr langlebiges und robustes Naturmaterial, und besteht aus Keratin, genau wie das menschliche Haar. Daher  kann sie auch leicht verfilzen oder bei zu hohen Temperaturen einlaufen. Generell sollte man Wolle immer gesondert bei unter 30°C waschen. Am besten eignen sich spezielle Wollwaschmittel um Verfilzen zu vermeiden. Prinzipiell sollte man Wolle aber nicht unnötig strapazieren durch zu häufiges waschen, denn das besondere an Wolle sind ja gerade ihr selbstreinigenden Fähigkeiten. Einfaches auslüften ist oft schon genug und auch Flecken können abgetupft werden. Wenn sich kleine Knötchen bilden, können diese mit einem Wollkamm abgestrichen werden. Lavendelsäckchen im Kleiderschrank schützen außerdem vor Motten.

Grundlegend gilt natürlich immer, dass zur Herstellung von Textilien erhebliche Mengen an Rohstoffen, Wasser und Energie benötigt werden. Durch Beachtung der eingearbeiteten Pflegehinweise können Textilien geschont werden und länger leben. Wohl überlegtes, selteneres Waschen auf niedrigeren Temperaturen schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt.

 

Fazit:

Für den konventionellen Wollanbau muss ein hoher Preis gezahlt werden, auch wenn es das Endprodukt leider meist nicht widerspiegelt. Die Menschheit bezahlt mit ökologischen und gesundheitlichen Gefahren, während die Tiere offenkundig leiden. Die biologische Wollschafzucht bietet nicht nur eine starke Alternative zu Tierquälerei, unnachhaltiger Weidenutzung und Verschmutzung durch Chemikalien - sie schafft aktiv Werte und Zukunft.

Wichtig ist trotzdem: Auch Bio-Wolle beeinflusst die Umwelt enorm und daher ist eine ethische Produktion mit fairen Konditionen für alle Beteiligten nur ein Teil der Geschichte. Jedes Teil, das wir produzieren, ist durch die Hände vieler Menschen gegangen und berührt die Leben vieler Lebewesen auf der ganzen Welt. Du, als Ende der Wertschöpfungskette, kannst etwas ändern, indem du die Geschichte hinter jedem Kleidungsstück schätzt. Die richtige Pflege verlängert den Lebenszyklus eines Stückes und verringert so auch den immensen ökologischen Fußabdruck.

Bio-Wolle x SFAN:

Wir haben uns bewusst dafür entschieden, unsere Stoffe von Firmen zu beziehen, die dieselbe Philisophie zum Thema Bio-Wolle verfolgen. Einen tollen Partner haben wir in der Firma Lebenskleidung gefunden, die sowohl auf Bio Zertifizierungen als auch den engen Kontakt zu den Menschen hinter ihren Produkten achtet. Die Wollstoffe die wir über Lebenskleidung beziehen, kommen von elbwolle™.



(Foto via Lebenskleidung) Im Jahr 2006 entschieden sich Ute und Marcel Luft gegen Bürojobs in der Stadt und für ein nachhaltiges Leben als Schafzüchter.

Ute und Marcel Luft haben elbwolle™ gegründet, und leben mit ihren 30 Gotlandschafen im Wendland. Dort werden Schafe schon immer als natürliche Landschaftspfleger eingesetzt um die Deiche abzugrasen. Doch die Wolle vieler traditioneller Wendland-Schafrassen, wurde bisher nie genutzt. Und so entstand die Idee: Die Schafe werden nur zweimal im Jahr geschoren und dazu sammeln sie Schafwolle der “Deichschafe” aus dem Gebiet. Die Wolle wird dann zu Strickgarn und Stoffen verarbeitet, durch eine Spinnerei in Brandenburg und eine Weberei in Bayern. Der Weg vom Schaf hin zum fertigen Stoff legt gerade einmal 900 Kilometer zurück - das ist wirklich eine Besonderheit in der Textilindustrie, wo ein durchschnittliches T-shirt häufig schon 27.500 Kilometern zurück legt. Was sich wie eine schöne Utopie liest, ist tatsächlich Realität. Regionale Ressourcen nutzen, Infrastrukturen stärken, ökologische Düngemittel erzeugen. Elbwolle™ und Lebenskleidung haben hier ein Projekt mit sehr viel Herz und Zukunft geschaffen - klar, dass das bei uns Liebe auf den ersten Blick war!