Viskose, Rayon, Modal & Lyocell

 

Viskose  -  Natur- oder Kunstfaser?

Viskose ist ein günstig zu produzierender Stoff, der wegen seiner Vielseitigkeit sehr beliebt ist und unter vielen Namen bekannt ist. Als künstlich angefertigte Faser aus Holzfasern (Zellulose) ist Viskose keine Naturfaser, wie beispielsweise Baumwolle, Wolle oder Seide. Jedoch ist sie auch nicht komplett synthetisch, wie Polyester. Viskose liegt wohl in der Mitte des Spektrums. Im Gegensatz zu synthetischen Fasern, die aus fossilen Energieträgern wie Erdöl gefertigt werden, ist Viskose also aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz.


Das stammt meist von Buchen, Pinien, Fichten oder Eukalyptus. Um Zellulose zu gewinnen, werden die Bäume entrindet, zerkleinert und mit Hilfe von verschiedenen Chemikalien bearbeitet. So entsteht eine zähflüssige Masse, die dann durch Drüsen gepumpt wird, gerinnt und sich zu dünnen Filamenten verfestigt. Diese Filamente werden gesponnen und so entsteht eine Art Viskosegarn, dass dann schließlich zu Stoffen gewebt werden kann.

 

Welche Eigenschaften hat Viskose? 

+ atmungsaktiv
+ fließender Fall
+ extrem saugfähig
+ sehr weich
+ robust und strapazierbar
+ bequemes Tragegefühl
+ keine elektrostatische Aufladung


- läuft leicht ein
- knittert leicht
- schimmelanfällig
- Fasern im feuchten Zustand schwächer

 

Wie pflegt man Viskose richtig?

Da die Faser im feuchten Zustand an Reißfestigkeit verliert, sollte sie am Besten auf links in einem separaten Wäschesack im Feinwaschprogramm bei 30° sorgfältig gewaschen werden. Bei höheren Temperaturen läuft Viskose leicht ein.
Flüssigwaschmittel pflegt die Faser besser als Pulver, denn das kann Rückstände bilden, die das Gewebe matt und stumpf erscheinen lassen. Viskose sollte nicht in den Trockner oder auf die Heizung, besser kann ein Viskosekleidungsstück auf einem Kleiderbügel an der Luft trocknen. Viskose neigt zum knittern und sollte am Besten im noch feuchten Zustand auf niedriger Temperatur gebügelt werden.

 

Viskose, Rayon, Modal oder Lyocell - was ist der Unterschied?

Generell haben all diese Fasern den gleichen Ursprung: Sie werden aus Pflanzen hergestellt. Viskose ist die Mutter all dieser Fasern - im 19. Jahrhundert wurde die Herstellung entdeckt und galt als die günstige Alternative zur Seide, weshalb man auch oft noch von Kunstseide spricht.

Der Name Rayon setzte sich in den 1920ern in Amerika durch - Viskose und Rayon sind also zwei Namen für die gleiche Faser.

Modalfasern werden genau wie Viskose ganz aus Zellulose gewonnen. Der Unterschied liegt im Spinnverfahren und im Hinzufügen von Zinksulfat, durch das sich die Eigenschaften des fertigen Stoffs unterscheiden. Modalstoffe sind im Vergleich zur Viskose, etwas glatter, saugfähiger, hitzebeständiger und stabiler.

Viskose, Rayon und Modal werden also vorerst auf die selbe Art hergestellt: Entrindete Bäume werden zerkleinert und in ein Bad aus Chemikalien eingelegt, sodass die Zellulose löslich wird. Diese Chemikalien können allerdings nur einmalig genutzt werde und sind in der Entsorgung problematisch für das Grundwasser. Zudem ist bei diesem Verfahren viel Energie nötig.

Lyocell hat hier einen klaren Vorsprung, denn es wird nur genau ein Lösungsmittel verwendet, das zudem als weniger bedenklich eingestuft wird. Außerdem ist es hier gelungen diese Chemikalie zu knapp 95% wieder zurückzuführen. Trotz der hohen Explosivität des Lösungsmittels, wurde bei Lyocell ein Kreislaufverfahren geschaffen und so eine enorm geringere Umweltbelastung erreicht, im Vergleich zu Viskose und Modal.

Doch bei all den oben genannten Fasern bietet sich das gleiche Problem: Der nachwachsende Rohstoff “Baum” ist nicht in der nachgefragten Menge zu gewinnen, vor allem nicht gleichzeitig billig und fair. Darum wird für alle oben genannten Fasern auf Wälder zurückgegriffen. 

 


(Foto von Aleksey Kuprikov via Pexels) Die Meisten kennen den Zusammenhang zwischen Wäldern und Papier, aber wissen nichts über das Verhältnis zwischen dem Ökosystem Wald und der Kleidung in ihrem Schrank.

 

Der Wald in unserem Kleiderschrank

Viskose ist nicht mehr wegzudenken aus der Bekleidungsindustrie - ob billige FastFashion-Produkte oder Luxuswaren, ohne Viskose könnte heute nicht so schnell, so viel, so billig angeboten werden. Die meisten Designer und Kunden wissen nicht, dass ihr neues Lieblingskleid aus Bäumen gemacht ist, und schon gar nicht aus welchen Bäumen.

Forscher der Organisation “Canopy” haben herausgefunden, dass es zunehmend alte, gefährdete Wälder sind, die für die Herstellung von Stoffen wie Viskose, Rayon, Modal oder Lyocell abgeholzt werden - und zwar in Besorgnis erregendem Maße! Mehr als 150 Millionen Bäume werden jedes Jahr gefällt und zu Zellstoffgeweben verarbeitet.
Würde man diese Bäume aneinanderreihen, würde die Baumkette ganze sieben Mal unsere Erde umrunden.


Es gibt nur noch sieben echte Urwälder auf unserer Welt - sie gelten als Haupt-Kompensator von Treibhausgasen. Ihr fortschreitender Verlust beschleunigt den Klimawandel, denn die Bäume filtern Luft und reinigen Wasser, die Wurzeln schützen den so wertvollen fruchtbaren Boden und riesige Mengen CO2 werden im Erdreich gespeichert. Diese Ökosysteme bieten Lebensraum für gefährdete Arten und die letzten Indigenen Völker der Erde. Doch tatsächlich liegen weniger als 20% der weltweiten Urwälder in vom Menschen unberührten Gebieten. Nur solche Gebiete erlauben genug Platz für die Erhaltung der biologischen Vielfalt.

Und trotzdem gehen Wissenschaftler davon aus, dass sich bis Ende 2020 die Anzahl der jedes Jahr gefällten Bäume zur Herstellung von Zellstoffgeweben seit 2013 verdoppeln wird - Bäume aus den kanadischen Urwäldern, dem Indonesischen Regenwald oder aus dem Amazonasgebiet werden für die Mode der nächsten Saison abgeholzt.

 

(Foto von Pok Rie via Pexels) Beim derzeitigen Abbautempo könnten 55 % des Amazonas-Regenwalds bis 2030 verschwunden sein.

Wieso Urwald, wenn man Wälder züchten und ernten kann?

Oft ist die Rede von Bambus- oder Eukalyptus-Fasern als schnellwachsende Alternative zu Jahrhunderte alten Urwaldriesen. Die Idee dahinter ist einer Monokultur aus Bäumen, die wie jede Nutzpflanze geerntet und verarbeitet werden kann. Eukalyptus beispielsweise kann in nur 6 Jahren eine Höhe von 20 Metern erreichen. Auf den ersten Blick klingt das nach einer langfristig guten Lösung, um auf Dauer den Urwald zu schützen, oder?

Im Gegenteil - inzwischen wird der Urwald gerodet um Platz für eben diese Monokulturen zu schaffen. Indigene Völker wie die Mapuche leiden seit Jahrzehnten unter Kiefer- und Eukalyptusplantagen, da diese ihren gesamten Lebensraum zerstört haben. Wie erwähnt, wachsen die Bäume schnell, verbreiten sich aber auch schnell über die Grenzen der Plantagen hinaus und verringern so die Pflanzenvielfalt der Wälder - indem sie einfach schneller wachsen, als lokale Baumsorten. Die Eukalyptus Bäume schädigen so komplexe Ökosysteme und bieten als Monokultur keinen Lebensraum für bedrohte Tierarten. Zudem haben die Plantagen einen hohen Wasserverbrauch und tragen damit zu Dürren bei. Eukalyptus hat noch dazu die Eigenschaft Öl zu produzieren und in seiner Rinde zu speichern, was wiederum bei Dürren extrem leicht entflammt und die gesamte Plantage abbrennen lässt - ebenso den Wald daneben.

 


(Bild von Vijaya narasimha via Pixabay) Eukalyptus Monokultur - Die Wurzeln ziehen Wasser aus dem Boden, sodass die Erde für andere Pflanzen zu trocken wird. Kein Lebensraum für heimische Tierarten, vor allem da die Pflanze für die meisten giftig ist.


Diese Phänomen ist weit verbreitet - auch Portugal hat massive Probleme mit Waldbränden in Eukalyptus-Wäldern. Der Klimawandel beschleunigt diese Entwicklung noch. Bisher waren Eukalyptus-Plantagen klimatische Grenzen gesetzt, da die Pflanzen nicht frost-resistent sind. Mittels Gen-Technik sollen diese Grenzen aber in Regionen verschoben werden, die bisher zu kalt für diese Baumart waren. Die Samen sollen auch gleich so verändert werden, dass die Bäume gegen Schädlinge immun sind und dickere Stämme für eine ertragreichere Ernte entwickeln.

Seit 2020 gibt es erste Versuche in Brasilien und auch die USA beginnt bereits mit großen Freilandtests. Zusammengefasst bedeutet das aber nur, dass bald in kälteren Gebieten die gleichen sozialen und ökologischen Schäden angerichtet werden, wie bislang im Amazonas. Zudem klingt die Entwicklung dieser Geschichte verdächtig ähnlich wie die der Baumwolle, die ebenfalls durch Genmanipulation ertragreicher und schädlingsresistenter gezüchtet werden sollte. Bei der Baumwolle hat dieses Lebend-Experiment in mehreren Gebieten der Welt zu riesigen, vom Menschen verursachten Umwelt- und Sozialkatastrophen geführt.

Hier kannst du mehr lesen über die verheerenden Folgen der Genmanipulation bei Baumwolle.

 

Ist Bambus eine nachhaltige Alternative?

Bambus ist, im Gegensatz zu Eukalyptus, ein Gras mit einer sehr harten Zellwand. Ein sehr anspruchsloses Gras, das überall zurecht kommt und rasch wächst. Die Pflanze ist recht Schädlingsresistent und scheint so eine gute Alternative zu sein.
Dass keine Chemikalien verwendet werden müssen, bedeutet leider nicht, dass auch keine verwendet werden. Bambus kommt hauptsächlich in Asien vor, nach wie vor ist China das einzige Land, das Bambus in kommerziellem Maßstab anbaut. Und da die Nachfrage nach der “Wunderfaser” immer weiter wächst, beginnen die Bauern auch hier Monokulturen anzulegen.

Die Geschichte hat gezeigt, dass die Natur sich anpasst und Monokulturen Schädlinge geradezu herausfordern, sich an den neuen Speiseplan zu gewöhnen. So verringern die Monokulturen nicht nur nachweislich die Artenvielfalt, sondern können auch zu einer Zunahme an Schädlingen führen, die wiederum eine Zunahme an Pestiziden bedeutet. Chemische Düngemittel werden hingegen nachgewiesen bereits eingesetzt, da durch die Monokulturen der Boden bald nährstoffarm und unfruchtbar ist und die Erträge weiterhin steigen sollen. Leider gibt es auch keinen Grund all diese Chemikalien nicht zu verwenden, da China bis heute keine festgelegten Standards oder Umweltrichtlinien für Bambus etabliert hat.

 


(Foto von kazuend via unsplash) Die Geschichte des Bambus erinnert stark an die Anfänge des Baumwoll-Dilemmas. Der Unterschied ist nur, dass in China inzwischen Wälder gerodet werden um mehr Monokulturen zu pflanzen.


Und das alles, obwohl sich Bambus nur schwer zu weichem Stoff verarbeiten lässt. Generell kann man davon ausgehen, dass ein steifes leinenartiges Gewebe aus puren Bambusfasern gewebt wurde, hier handelt es sich um unbequeme, technische Stoffe. Sobald das Textil weich und tragbar ist, handelt es sich hingegen um Bambus-Viskose und ist in unseren Augen ein nicht sinnvoll konstruiertes Material. Das Rohmaterial mag als Baustoff für Holzprodukte oder Plastikersatz eine Alternative sein, aber um die harte Zellwand von Bambus in weiches Garn zu verwandeln, müssen aggressive Chemikalien eingesetzt werden. Diese gelangen größtenteils ungefiltert in die Umwelt und belasten unsere Gewässer. Außerdem werden mindestens 30% des Bambus mit Baumwolle vermischt, um den Stoff überhaupt stark genug zu machen, was definitiv nicht als Alternative durchgeht.

 

Sind Viskoseprodukte aus anderen Hölzern besser?

Während Eukalyptus und Bambus nicht die Lösung zu sein scheinen, können auch heimische Wälder den Bedarf an Zellulose nicht decken. Aber abgesehen von der Rohstoffgewinnung ist auch die Verarbeitung der Holzfasern zu Viskose, Rayon oder Modal problematisch.

Wie erwähnt, müssen die Fasern erst aufwendig mit Chemikalien behandelt werden, um die Zellulose zu lösen. Dieser Prozess benötigt viel Energie und involviert Mittel wie Schwefelwasserstoff oder Schwefelkohlenstoff, die als Nervengifte in gewissen Mengen tödlich sind. Ob in flüssiger Form oder als giftige Dämpfe verschmutzen sie Wasser und Luft. Zellstofffabriken gibt es weltweit, ob in Österreich, Schweden, Südafrika oder den USA. Aber rund 83% der Viskoseproduktion findet in China, Indien oder Indonesien statt, wo Arbeits- und Umweltstandards nicht etabliert sind. Die Zustände der dortigen Produktionsstätten sind teilweise mit denen von vor hundert Jahren zu vergleichen.

Einer der weltweit größten Viskoseproduzenten ist das chinesisches Unternehmen CHTC HelonCo. Die Produktionsstätte wurde wiederholt durch die Regierung aufgefordert, die Luftverschmutzung zu reduzieren - laut Anwohnern hat sich in den letzten Jahren aber kaum etwas verändert: Das Trinkwasser ist ungenießbar, der Schwefelkohlenstoffanteil in der Luft dreimal so hoch wie erlaubt und es treten vermehrt Krebserkrankungen und verfrühte Tode auf.

Vergleichbare Zustände findet man in Indonesien, bei der Fabrik des Unternehmens PT Indo Bharat Rayon. Obwohl der Viskoseproduzent in der Vergangenheit zu immens hohen Geldstrafen verurteilt wurde, sind die umliegenden Flussufer von Schwefelrückständen gelb bedeckt, die Fischbestände schrumpfen und bedrohen die Existenz der Fischer. Stattdessen sammeln diese nun ohne Schutzkleidung Viskoserückstände aus den Flüssen, was Ihnen täglich circa 5,40 € einbringt.

Diese beiden Beispiele sind leider keine Einzelfälle, sondern eher die Regel im Viskose-Geschäft. Auch der verbesserte Lyocell-Prozess funktioniert nur in einem zertifizierten Betrieb, mit geschlossenem Kreislauf und eigener Kläranlage – diese Bedingungen findet man in der Textilindustrie allerdings so gut wie nie.


Ist Viskose dann überhaupt eine nachhaltige Faser?

Abgesehen von den Gefahren der illegalen Abholzung alter Wälder und dem bedenklichen Umgang mit Chemikalien, scheinen Zellstoffgewebe einen Vorteil zu haben. Regenerative Zellulosefasern sind Chemiefasern auf natürlicher Polymerbasis. Einfach gesagt bedeutet das, dass Viskose-Fasern vollständig biologisch abbaubar sind und auch kein Mikroplastik verursachen, wie synthetische Fasern auf Erdölbasis.

In verschiedenen Studien wurde festgestellt, dass Viskose bei idealen, genau überwachten Bodenbedingungen schneller abgebaut wird als Baumwolle. Interessanterweise ist die umweltfreundlichere Lyocellfaser langsamer - zum Ende der Studie war Lyocell nach 4 Monaten nur zur Hälfte abgebaut, während Viskose-Produkte sich in circa 6 -12 Monaten komplett auflösen. Auch Obstschalen benötigen circa 6 - 24 Monate auf dem Kompost. Wenn Viskosefasern aber auf einer Deponie ohne natürliche Bedingungen landen, wird der Prozess Jahrzehnte dauern und, genau wie Salat, das Treibhausgas Methan freisetzen. Dieser Vorteil kann also nur bedingt gewertet werden und schneidet neben Bio-Baumwolle nicht wirklich gut ab.


Gibt es eine Alternative zu Viskose?

Auch wenn Viskose im Vergleich zu synthetischen Stoffen besser abschneidet, wiegen die negativen Seiten doch schwer. Mittlerweile gibt es umweltbewusstere Alternativen, wie Tencel oder Eco-Vero. Diese Stoffe entstehen ebenfalls durch Viskoseverfahren, dürfen sich aber nur mit einem Zertifikat der österreichischen Firma LENZNIG so nennen. Hier wird sowohl die Herkunft der Bäume kontrolliert, als auch das Kreislaufverfahren für Chemikalien genutzt. Erfahre hier mehr über die Vorteile von Tencel.

Wichtig ist trotzdem: Auch Tencel oder Eco-vero beeinflusst die Umwelt enorm und daher ist eine umweltfreundlichere Produktion mit aus zertifiziertem Holz nur ein Teil der Geschichte. Jedes Teil, das wir produzieren, ist durch die Hände vieler Menschen gegangen und berührt die Leben vieler Individuen auf der ganzen Welt. Du, als Teil der Wertschöpfungskette, kannst etwas ändern, indem du die Geschichte hinter jedem Kleidungsstück schätzt. Die richtige Pflege verlängert den Lebenszyklus eines Stückes und verringert so auch den immensen ökologischen Fußabdruck. 

 

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